Himalaya - faszinierend, majestätisch, gewaltig. Uns zieht es wieder in diese beeindruckende Bergwelt, dieses Mal zum Kanchenjunga, der mit seinen 8.586 Metern der dritthöchste Berg der Erde ist. In einer achttägigen Wanderung kommen wir ihm zum Greifen nahe.
Tag 1 - Von Yuksom nach Sachen
Die Wanderung begehen wir wieder mit Indiahikes und dieses Mal einer Gruppe von 22 weiteren Leuten. Nach einem gemeinsamen Frühstück im Basecamp schultern wir die Rucksäcke und beginnen den Aufstieg.
Der Weg führt mal bergauf mal bergab durch dichten Mischwald. Wir sehen Monsterapflanzen, die sich an Baumstämmen hochwinden, Farne und Moose, die Boden und Stämme bedecken und eine wahnsinnige Vielfalt von Pflanzen und Bäumen. Schmetterlinge und bunte Vögel schwirren umher und lassen die Szenerie magisch werden. Inmitten dieser Idylle schiebt sich unsere Gruppe mit 24 Wanderern und drei Guides Stück für Stück voran.
Drei Brücken gilt es zu queren, ehe wir unser Camp auf 2255 Metern erreichen. Die Yaks und Mulis sind bereits eingetroffen und unsere Zelte wurden bereits aufgestellt als wir ankommen. Es dauert eine Weile, bis sich alle eingerichtet haben, danach gibt es Snacks und im Gemeinschaftszelt werden Spiele gespielt. Unterdessen nutze ich das letzte Tageslicht, um den Wald in Ruhe und Einsamkeit zu genießen.
Tag 2 - Von Sachen nach Thsoka
Der nächste Morgen beginnt gemütlich, erst gegen 9:30 Uhr brechen wir auf. Der Wald verändert sich nun langsam und mehr und mehr säumen alte, knorrige Rhododendronbäume unseren Weg. Die roten Blüten setzen dem dichten Grün der Bäume einen starken Kontrast.
Mittags erreichen wir eine kleine Dhaba, eine Hütte und bereichern unseren "packed lunch" mit einem leckeren Omlett. Die Sonne lacht, Prasun, ein Mitwanderer spielt auf seiner Flöte, alles ist perfekt.
Nach dem Mittagessen fällt es wie immer etwas schwerer weiterzulaufen. Der Weg führt jedoch bald über alte Holzbohlen durch einen faszinierenden Rhododendronwald. Die Szenerie lenkt uns so sehr vom Aufstieg ab, dass wir den Anstieg bis ins nächste Camp auf 2.985 Metern beschwingt und leichten Fußes bewältigen.
Das Camp liegt direkt an einem buddhistischem kleinen Kloster, das wir kurz nach unserer Ankunft besichtigen. Pferde und Yaks vieler Wandergruppen grasen bedächtig zwischen unseren Zelten, Gebetsfahnen flattern im Wind.
Nach dem Abendessen setzt ein leichtes Gewitter ein, der Donner grollt zwischen den Berggipfeln hin und her. Wir kuscheln uns eng in unsere Schlafsäcke, die aufkommende Kälte zieht durch die Zeltwände und greift mit eisigen Fingern nach uns. Hah, hier ahnen wir noch nicht, wie sehr wir auf diesem Trek noch frieren werden.
Tag 3 - Von Thsoka nach Dzongri
Heute steht ein intensiver Tag an. Auf 4.020 Metern liegt unser nächstes Camp und die knapp über 1.000 Höhenmeter verteilen sich auf kurze Strecke, sind also sehr steil. Unsere Rucksäcke wiegen mehr als 10 kg, die geringere Sauerstoffsättigung wird langsam merklich und beides macht den Aufstieg nicht gerade einfacher.
Umso schöner ist es, dass wir mittags eine Dhaba erreichen, die Momos und Omlett serviert. Das Highlight ist, dass wir hier auch Mayank, unseren Tourguide unseres Treks zum Gaumukh Tapovan treffen, der eine andere Gruppe bereits wieder zum Basecamp nach Yuksom führt. Vier von unserer Gruppe verabschieden sich hier und gehen mit Mayank zurück ins Tal. Sie waren auf die Anstrengung dieses Treks nicht entsprechend vorbereitet.
Nachmittags kommen wir an einem kleinen Shop vorbei, der random in den Bergen steht. Hier decken wir uns mit Snickers ein und kaufen eine warme Mütze für mich. Auf 4.000 Metern wird es doch noch empfindlich kalt.
Ein kurzer Endspurt, dann können wir uns auch schon den besten Zeltplatz aussuchen und unser Zelt aufstellen. Als wir fertig sind, grollt bereits wieder der Donner und wir machen es uns im Zelt gemütlich.
Tag 4 - Akklimatisierung
Der vierte Tag wird eigentlich als Restday oder auch Akklimatisierungstag bezeichnet - das heißt aber nicht, dass nur getrödelt wird. Um 4 Uhr morgens klingelt der Wecker und wir schälen uns aus unserem Zelt. Über Nacht hat es so stark abgekühlt, dass das Kondenswasser an und in unserem Zelt gefroren ist.
In dieser Kälte steigen wir nochmal knapp 130 Meter auf, zum Dzongri Top. Hier warten wir auf dem Sonnenaufgang und auf hervorragende Bergsicht. Die Kälte kriecht uns dabei durch alle Kleidungsschichten und sehr bald spüre ich weder Füße noch Hände. Kurz nach Sonnenaufgang verlassen Martin und ich schon den Gipfel - mir ist einfach zu kalt. Als beim Loslaufen das Blut wieder in Bewegung kommt, schüttelt mich die Kälte einige Minuten richtig durch.
Im Camp kriechen wir auch sofort ins Zelt - die gelben Zelte auf dem Bild sind unsere. Dieses wird schon bald von der Sonne angewärmt und so können wir noch einige Stunden erholsam schlafen.
Am frühen Mittag wandern Martin und ich nochmal zum Shop zurück, um uns die Zeit zu vertreiben. Zurück im Camp besuchen uns ein paar wilde Yaks, sie wollen beim Abwasch des Mittagessens unterstützen 😅.
Den Nachmittag verbringen wir ein paar Stunden mit der Gruppe im Gemeinschaftszelt. Hier findet man unsere Wanderkollegen eigentlich immer, wenn nicht gewandert oder geschlafen wird. Damit können wir aber sehr wenig anfangen, das Zelt ist dunkel, zugig und kalt, die Ruhe die die Natur ausstrahlt verpufft im fröhlichen Plappern und lautem Lachen.
Und so ziehen wir auch kurz vor Sonnenuntergang nochmal los, diesmal gemeinsam mit einem Wanderer aus der Gruppe, um einen naheliegenden Berg zu erkunden.
Tag 5 - Von Dzongri nach Thansing
Auf geht's, zum letzten Camp, von dem wir den "Summit" besteigen werden. Der Weg führt weiterhin durch Rhododendronbäume. Faszinierend, dass diese in dieser Höhe noch wachsen - wenn auch deutlich kleiner als noch 1.000 Meter weiter unten. In Deutschland sind wir schon lange oberhalb der Baumgrenze, beziehungsweise sogar oberhalb der Gipfelgrenze - die Zugspitze ist 2.962m, der Großglockner 3.798m hoch.
Unser Camp liegt heute etwas unterhalb des vorherigen, was aber nicht bedeutet, dass es keine Aufstiege gibt 😅. Mit der Höhe kommen Martin und ich gut zurecht. Wir nehmen seit Beginn des Treks alle 12 Stunden eine halbe Diamox-Tablette, die bei der schnellen Akklimatisierung unterstützt. Unser Guide Shivank misst zur Sicherheit auch täglich Sauerstoffsättigung und Puls, um sicherzustellen, dass wir die Höhe gut verkraften.
Die Höhenkrankheit kann bereits ab einer Höhe von 3.000 Metern auftreten und unbehandelt tödlich enden. Symptome sind unter anderem Appetitlosigkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen und Erschöpfung. Bei Eintreten der Höhenkrankheit muss sofort eine Evakuierung eingeleitet werden und die Person so schnell als möglich auch unter 3.000 Meter gebracht werden. Im Vergleich zu den Alpen ist das Himalay-Gebirge aber schlecht zugänglich. Ein Hubschrauber wird eher nicht eingesetzt. So kann eine Evakuierung nur mit sehr hohem Personal- und Yak-Aufwand durchgeführt werden.
Wir kommen, wie beschrieben, mit der Höhe noch gut zurecht. Die Luft wird dünner, wir laufen etwas langsamer und sind schneller ausser Atem, aber damit hat die gesamte Gruppe zu kämpfen. Im Camp angekommen gehen wir nach einem frühen Abendessen bald zu Bett. Am nächsten Tag wollen wir bereits um Mitternacht zum Viewpoint aufbrechen.
Tag 6 - Summit Day
Um MItternacht ziehen wir uns die kalte Kleidung an und bereiten uns mental auf den Anstieg vor. Doch als wir aus dem Zelt kommen, erwartet uns eine Überraschung. Mindestens 15 cm Schnee sind bereits gefallen und es schneit noch weiter. Im Gemeinschaftszelt treffen wir gemeinsam die Entscheidung, nicht im Dunkeln mit erschwerten Bedingungen durch den Schnee loszulaufen, sondern erst am nächsten Morgen.
Und so schlafen wir nochmal ein paar Stunden, bevor es dann losgeht. Auf 4.603 Meter steigen wir auf, zum ersten (und einzigen) Viewpoint mit direktem Blick auf den Kanchenjunga. Früher gab es noch zwei weitere Viewpoints, diese dürfen aber zum Schutz der Schneeleoparden nicht mehr betreten werden.
Im Tageslicht wandern wir durch den Schnee, passieren kleine Bäche und liefern uns noch eine Schneeballschlacht, ehe wir den Goechala Lake erreichen.
Die Einheimischen sagen dem See eine große Macht zu und so darf niemand den See betreten, Steine ins Wasser werfen oder Trinkwasser schöpfen. Einst wohnte hier mal eine achtköpfige Familie mit Kühen. Eines Nachts brachte der Mann alle seine sechs Kinder, seine Frau und seine Kühe um und floh nach Nepal. Der Legende der Einheimischen nach, hat der See den Mann zu dieser Tat gebracht.
Wir legen nur kurz Rast ein, dann steigen wir weiter auf. Die Luft wird knapp, die Gruppe immer langsamer und am Ende ziehen wir uns noch Grödeln über um das letzte verschneite Stück zu passieren. Am Viewpoint angekommen, sehen wir leider nichts, trotzdem freuen wir uns sehr über das Erreichte. Die Entscheidung bei Tageslicht zu laufen war mit Sicherheit die einzig Richtige.
Auf dem Rückweg legen wir eine kleine Pause am See ein, ein Topf heiße Suppe wird gekocht 🙂. Am späten Nachmittag erreichen wir das Camp und werden mit Snacks empfangen. Bald danach zieht es uns auch schon ins Bett.
Tag 7 - Zurück nach Thsoka
Morgens um 3:30 Uhr stehe ich auf und laufe mit fünf anderen der Gruppe nochmal in Richtung Viewpoint, um bei klarem Himmel noch einen Blick auf den Kanchenjunga zu erhaschen. Obwohl der Schnee mittlerweile geschmolzen ist, fällt es uns gar nicht so leicht, immer den richtigen Pfad zu wählen - vor allem die Bachüberquerungen sind tricky.
Um 5 Uhr beginnt es hell zu werden und wir sehen, dass wir alles richtig gemacht haben! Der Blick auf den Kanchenjunga ist phänomenal!
Martin hatte am Abend zuvor etwas Kopfweh und bleibt liegen. Am Morgen fühlt er sich aber wieder besser und läuft auch noch einmal los, um den Blick und die Ruhe in den Bergen zu genießen.
Gegen 8 Uhr sind wir zurück im Camp und frühstücken. Dann wird schnell gepackt, uns steht noch ein langer Wandertag bevor.
Wir gehen heute um den Dzongri herum, einen anderen Weg als beim Aufstieg. Und auch wenn dieser weniger steil ist als der direkte Weg, so zieht er sich doch sehr. Durch dichten, moosigen Rhododendronwald führt der Pfad, Nebel zieht auf und taucht alles wieder in eine mystische Stimmung. Erst gegen 15 Uhr erreichen wir mit stark knurrenden Mägen unseren Lunchpunkt - das eingepackte Mittagessen ist bereits verspeist und wir snacken dankbar Momos und Chai Tee in der Dhaba.
Knapp 2 Stunden später, nach einem steilen Abstieg, erreichen wir im letzten Tageslicht unser Camp am Kloster. Diese Nacht erwartet uns keine Kälte, sondern Sturm. Als ich um 2 Uhr nachts in Richtung Toilettenzelt aufbrechen, steht weder eine Toilette noch das Gemeinschaftszelt. Glücklicherweise brauche ich kein geschütztes Plätzchen und kann bald wieder in unser gemütliches Zelt verschwinden. Der tosende Wind wird in die Träume integriert.
Tag 8 - Rückkehr nach Yuksom
Am nächsten Morgen sind die Wolken weggefegt und wir bekommen noch einmal eine traumhafte Sicht auf die Berge. Der Rhododendron steht in voller Blüte und Prasun spielt ein letztes Mal Flöte.
Wir verlassen das letzte Camp und beginnen den "Abstieg". Der letzte Tag beinhaltet nocheinmal einiges an Höhenmetern im Aufstieg und umso mehr bergab. Starten wir noch bei schönstem Sonnenschein, schlägt das Wetter nachmittags wieder um und ein Regenschauer bringt die Waldluft zum duften. Am späten Nachmittag erreichen wir das Basislager. Hungrig genießen wir die angebotenen Snacks, im Anschluss folgt eine heiße Dusche.
Abends gehen wir gemeinsam mit unseren Wanderkollegen Abendessen und lassen diese wundervolle Erfahrung gemeinsam ausklingen.
Wer genauso verzaubert von der Bergwelt ist wie wir, sollte auch unsere erste Wanderung im Himalaya nachlesen. In dieser Übersicht unserer Tour nach Gaumukh Tapovan beschreiben wir alles, was du zum Himalaya-Wandern wissen musst.
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Nicole (Freitag, 19 April 2024 07:38)
Fantastisch, beeindruckende Bilder und mit Sicherheiten eine Quelle für Energie mit bleibenden Erinnerungen. Danke für‘s Teilen. �