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Wo eine Hupe ist, ist auch ein Weg

Der Verkehr in Bangalore ist krass und entspricht damit ganz genau den Erwartungen. Die Straßen sind voll mit Tuktuks, SUVs, Motorrädern und Rollern, Fahrrädern, Fußgängern, Bussen, Autos und ab und zu kommt noch ein Ochsenfuhrwerk oder Traktor dazu. 20 km Entfernung schafft man mal in einer Stunde, mal in zwei Stunden, aber stop and go ist allgegenwärtig. Nicht nur einmal ist mir dabei langfristig schlecht geworden. 

 

Die Metro ist noch nicht ganz ausgebaut, dazu kommen viele Baustellen, die die Straßen verengen und die Nachteile des Lieferservices. Mehr als 60.000 Fahrzeuge von Swiggy und Co führen den Verkehr zum Stillstand.

Abenteuer Straße queren

Das Straßequeren ist für uns noch jedes Mal ein Abenteuer, wir klatschen uns freudig ab, wenn wir es mal wieder heil auf die andere Seite geschafft haben. Und das, obwohl wir inzwischen sogar in den Linksverkehr gewöhnt sind. Wir schauen also schon in die richtige Richtung, leider gibt es eben dann doch Geisterfahrer. Oder auch Verkehr aus einer Richtung, die wir so gar nicht auf dem Schirm haben.

 

Meistens suchen wir einen Polizisten, der den Verkehr regelt. Dieser hilft uns dann über die Straße. Ist kein Polizist in Sichtweite, schauen wir ob ein anderer Fußgänger die Straße überqueren möchte, von mir aus sogar einen Hund. Auch die leben schließlich noch.

 

Wenn gar nichts mehr hilft dann gehen wir zu zweit. Im Gegensatz zu Deutschland wo wir erst loslaufen, wenn wir wissen dass die Lücke groß genug ist um die ganze Straße zu überqueren, geht man hier Stück für Stück für Stück für Stück. Dabei strecken wir den Autofahrern abweisend die Hand entgegen. Die Hand der Macht...


Nicht nur der Verkehr ist abenteuerlich, auch die Fahrzeuge selber sind es. Es wundert mich nicht mehr wenn drei oder vier Leute auf nur einem Motorrad sitzen, ein kleines Kind vorne sitzt und den Roller lenkt oder sich sieben Leute in ein kleines TukTuk quetschen. Das ist normal.

 

Überrascht bin ich, wenn ich riesige Transporter sehe, beladen mit hunderten Säcken. Und ich dann herausfinde, dass in diesen Säcken rote Chilis sind. So viele Chilis wie auf einem Lastwagen hier, werden in meinem Dorf in einem Jahr nicht verkauft. Auch schön sind Transporter voller Ingwer, Blumenkohl oder Kokosnüssen. Manchmal sehe ich auch einen Laster beladen mit zwei Menschen und zwei Kühen. Ochsenfuhrwerke transportieren Zuckerrohr, aber es gibt auch Wägen, die einfach von Hand geschoben werden.

Busse und Lastwägen sind bunt bemalt und gerne auch mit flotten Sprüchen verziert 😉. Please Horn - bitte hupen - steht bei den meisten hinten drauf. Und das macht man hier fleißig. Ein kleines kurzes Hupen, für 'Achtung ich fahr vorbei', ein langes für 'du Pisser kannst dich hier nicht rein drängeln'. Da ständig vorbeigefahren und gedrängelt wird ist die Geräuchkulisse ohrenbetäubend.

 

Auf unserem Trip nach Coorg haben wir sogar herausgefunden, dass unser Auto zwei Hupen mit verschiedenen Tönen hat. Dazu kommen Polizisten und Parkwächter mit Trillerpfeifen. Sie pfeifen sogar, wenn gar kein Verkehr ist - ihre Art der Kommunikation. 

Verkehrsteilnehmer Kuh
Verkehrsteilnehmer Kuh

Da es in Indien weder TÜV noch ADAC gibt, bleiben Fahrzeuge auch gerne mal liegen. Um anderen Verkehrsteilnehmern zu signalisieren, dass das Auto oder der LKW nicht mehr bewegt wird, wird ein Ast mit Blättern deutlich sichtbar an das Fahrzeug geklemmt. Ob das von Leaf (Blatt) zum gleich klingenden Wort Leave (verlassen) kommt?

 

Die Geheimnisse des Verkehrs haben wir noch nicht entschlüsselt. Mit der Zeit werden wir aber bestimmt Meister darin werden und vielleicht wage ich mich irgendwann selber hinters Steuer. 

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